„Der Iran ist gefährlich, passt gut auf euch auf und vertraut niemandem!“
„Das sind doch alles Terroristen da unten!“
„Iran? Seid ihr des Wahnsinns??“
„Sucht euch doch bitte lieber ein anderes Land aus, aber nicht Iran!“
Ich könnte die Liste der Aussagen noch ewig weiterführen. Klar, hört man in den Medien doch nur nur wenig über den Iran. Und das, was man hört, ist nicht gerade das Beste. Außerdem liegen derzeit bekanntlich sämtliche Kriegsgebiete rings um dieses Land.
Wir versuchen nun unsere Zeit und unsere Gefühle ANNÄHERND zum Ausdruck zu bringen und können vorab sagen, dass man NICHTS davon zu spüren bekommt!
Wir sitzen im Flieger nach Kuala Lumpur, unserem Zwischenstopp in Richtung Bangkok. Da der Flieger nicht ausgebucht ist haben das Glück, dass sich jeder von uns auf einer kompletten Sitzreihe lang machen kann. Nun sitze ich auf meinem Platz und erinnere mich an den Moment, an dem wir unsere neuen iranischen Freunde aus Teheran verabschieden mussten. Zum Glück waren wir ein wenig spät dran, sodass die Verabschiedung ziemlich kurz ausfallen musste. Durch die Kopfhörer in meinem Ohr erklingen die selben Lieder, wie wir sie hörten, als wir täglich gemeinsam im Café saßen. Unsere Freundin Golnoosh arbeitet dort und wir hörten immer wieder auf Neue diese Lieder. Nun begreife ich, dass wir den Iran und vor allem neu gewonnene Freunde verlassen. Dass wir morgen nicht gemeinsam dort sitzen können, wo wir viel Zeit gemeinsam verbrachten. Damit verbunden überkommt es mich und ich beginne zu realisieren, dass unsere Reise weitergeht…
Mir kullern einige viele Tränen über mein Gesicht. Ich kann leider nicht ganz definieren, ob ich mich freue, dass die Reise weitergeht, oder, ob ich glücklich bin, neue, wundervolle, herzliche Freunde kennengelernt haben oder traurig darüber, dass wir diese Leute wohlmöglich für eine sehr lange Zeit nicht mehr sehen werden (können).
Während ich hier sitze, drehe ich mich um. Eine junge Mutter streichelt ihrem schlafenden Sohn die Händchen. Sie ist offensichtlich keine Deutsche, woher sie kommt weiß ich nicht. Ob sie Englisch sprechen kann weiß ich genauso wenig.
Ich lächle sie an – sie lächelt zurück. Das macht mich glücklich. Ich begreife wieder einmal, dass man nicht aus dem selben Land kommen muss, geschweige denn die gleiche Sprache sprechen muss, um miteinander kommunizieren zu können. Dass keine fu**ing Grenzen Menschen davon abhalten können miteinander zu kommunizieren. Grenzen, die sich irgendwann mal irgendwer ausgedacht und irgendeinen fu**ing Namen gegeben hat. Doch sind wir alles Menschen, die immer Wege finden werden sich verständigen zu können. Es sind die kleinen Dinge im Leben, die das Leben so wertvoll machen……….
Als Iraner in diesem Land zu leben ist alles andere als einfach. Die Regierung macht was sie will. Man kann sagen, dass alles was annähernd „cool“ sein kann, verboten ist. Facebook und Youtube wird geblockt und überwacht, öffentliche Partys zu feiern und Alkohol zu trinken ist verboten, auch eine Beziehung zu haben ist verboten. Selbst die kleinen Dinge, beispielsweise als Frau glücklich singend durch die Straße zu schlendern, sind verboten und kann hart bestraft werden. Das ist auch der Grund, warum wir kaum gefilmt haben, geschweige denn im Iran über das Land geschrieben haben. Komisch nur, dass Musik und Filme komplett kostenlos heruntergeladen werden dürfen (?!?!?). Als Frau steht man hinten an, hat immer fleißig sein Kopftuch zu tragen. Die Rangordnung bekomme ich bereits bei unserer Ankunft in Teheran zu spüren, als die Taxifahrer ausschließlich mich, und nicht Anni, beachten.
Der Iran ist sehr religiös, der Islam steht an oberster Stelle. Auf das ganze Land betrachtet merkt man das vor allem auch daran, dass in jedem noch so winzigen Städtchen eine Moschee steht, welche an Schönheit alle Häuser bei Weitem übertrifft. Die Häuser lassen äußerlich meist auf einfache Verhältnisse schließen und mittendrin stehen diese Moscheen. Ein herrlicher Anblick, der aber auch auf die Gegensätze der Gesellschaft schließen lässt.
Neben all diesen Verboten und dem extremen Glauben gibt es aber auch eine andere Seite der Medaille: die Jugend.
Die Jugend im Iran ist aufstrebend und findet gegen alle Verbote Mittel, diese zu umgehen. Da es keinen Alkohol in öffentlichen Läden zu kaufen gibt, wird Alkohol importiert oder selber gebrannt. Wir saßen oft bei Einheimischen zu Hause und tranken Alkohol. Die richtig gute Ware blieb jedoch eher der reicheren Bevölkerung vorbehalten.
Partys werden auch anders gefeiert als wir sie in Deutschland kennen. Party feiern bedeutet, mit Freunden teilweise zu sechst im Auto bei lauter Musik die Straßen hoch und runter zu rasen. Man hat Spaß. Man lächelt die Verbote und Einschränkungen soweit es geht weg. Man macht das Beste aus der Situation. Die Stimmung ist ausgelassen.
Wir kamen in den Genuss zu einer Zeit im Iran zu sein, in der die Wahlen anstanden. Plakate von Politikern übersäten das Land, das Fernsehen zeigte aktuelle Debatten und alles drehte sich um die anstehenden Wahlen. Es ist erstaunlich, wie viel jeder Iraner über Politik weiß. Ohne zu übertreiben wurden von ca. 4 von 5 Einheimischen, mit denen wir ins Gespräch kamen, dieses Thema ausführlich besprochen.
Vor ein paar Jahren, vielleicht ca. 6 Jahre, ging es im Iran folgendermaßen zu:
Unsere Freunde berichteten uns von Erfahrungen, die sie selber (mit-)erlebt haben. Protestanten wurden auf offener Straße erschossen, Studenten von Brücken gestürzt, geschlagen oder verhaftet und eingesperrt. Viele von ihnen sind es noch heute. Ohne eine Aussicht darauf, wann sie frei gelassen werden, ob es überhaupt ein Verfahren gibt, ganz zu schweigen davon, ob sie überhaupt noch am Leben sind.
Unser Freund A. erzählt:
Während der Proteste wurden viele Menschen verhaftet und misshandelt, sie starben. Ein gebildeter Professor von Ali arbeitete in der Pathologie. Er wollte schon bald in die USA auswandern, dort lebten Bekannte, er erhoffte sich ein besseres Leben. Nachdem er während der Arbeit äußerte, dass die Verstorbenen ganz offensichtlich gefoltert wurden, verschwand er einige Tage später. Jeder weiß es, niemand darf es sagen. Ein paar Wochen später wurde er beerdigt, angeblich Selbstmord…
Am Anfang denke ich: „Oh Gott, was sind denn das für Horrorgeschichten?! Können die wirklich stimmen?“. Jedoch gibt es davon leider viele. Viel zu viele. Und wahr sind sie leider auch.
Heute sieht die Lage anders aus. Man ist unzufrieden und man wählt vom Schlechten das Beste heraus. Das Beste ist in dem Fall der aktuelle Präsident. „Der Jetzige? Ich dachte, alles ist verboten??“ Ja, das stimmt ja auch. Das liegt aber daran, dass wir hier von einem Islamischen Staat reden – einer rein muslimischen Bevölkerung und Regierung. Wie schon erwähnt, geht es trotz allem recht locker zu. Natürlich gibt es sehr religiöse Gegenden wie beispielsweise Esfahan. Aber ebenso gibt es u. a. in Teheran die jungen Paare, welche Hand in Hand durch die Straßen ziehen und höchstwahrscheinlich nicht verheiratet sind. Mädchen mit Kopftüchern so tief, dass sie gerade noch vom Zopf am Hinterkopf gehalten werden. Die Nutzung der gefilterten Internetseiten. Dass all diese Dinge nicht bestraft werden, ist dem heutigen Landesoberhaupt zu verdanken. (Er selbst twittert jeden Tag – und Ja, auch Twitter ist natürlich gefiltert). Dennoch lebt man auf irgendeine Art riskant. Man ist gewillt Englisch zu lernen, um sich mit der vor allem westlichen Welt und Lebensart austauschen zu können. Das Kuriose ist, dass einige auch besser Deutsch als Englisch können. Man liebe Deutschland, man könne sich dort frei entfalten, sagen was man denkt, man habe dort ein besseres Leben, kaum Verbote eben. Wie wahr, wenn man mal als Deutscher im Iran war. Man lernt das Leben intensiver zu schätzen. Und nur nebenbei: als Deutscher ist man meist willkommener als andere Touristen, da man als Arier die gleichen Vorfahren habe und auf irgendeine Art miteinander verwandt sei. Das sei mal so dahinestellt.
Ein anderer Iraner, den wir in Esfahan kennenlernen durften, wurde in der Öffentlichkeit Hand in Hand mit einem Mädchen von der Polizei erwischt. Er wurde mit auf‘s Revier genommen und dessen Eltern wurden angerufen, um ihnen mitzuteilen, was der junge Mann da soeben getan hatte. Sind die Eltern streng gläubig, kann das schonmal stark zum Problem werden!
Bei Touristen sei man nicht so streng und die Polizei würde lediglich freundlich auf Verbote hinweisen. Da wir uns aber weitestgehend angepasst haben, hatten wir nie Probleme.
Offiziell politisch reden sollte man über den Iran eigentlich nie. Mit diesen Zeilen riskieren wir jedenfalls ein lebenslanges Einreiseverbot. Wer vor Ort politisch redet, kann verhaftet werden, seinen Job verlieren, oder je nach seinem Wissensstand auch einfach mal verschwinden und nie wieder auftauchen.
Wieder einmal denke ich lange darüber nach, wie unglaublich groß unser Glück ist, in Deutschland geboren zu sein. Jedoch denke ich auch wieder einmal darüber nach, wie es je dazu kommen konnte, dass sich Menschen anmaßten ein Stück Land ihr Eigen zu nennen, um auf irgendeine Weise Profit oder Macht zu erlangen. Weshalb werden Menschen unterschiedlich behandelt, nur weil sie an einem anderen Ort der Erde aufwachsen? Weshalb darf sich nicht JEDER seine Religion aussuchen? Den Platz an dem er lebt? Wen er liebt? Oder einfach zum Ausdruck bringen,was er denkt?
Für uns ist all das selbstverständlich. Für andere wäre ein großer Schritt schon die Einhaltung der normalsten Sache der Welt – die Einhaltung der Menschenrechte!!!
Christian
what a emotional guy
I read your article Chris and enjoyed it.
I am glad you had a memorable days in iran and thanks you for introduce iran truly.
I am eager read your diary from other places you want to visit there.